Alles fing ganz harmlos an…
Wie jeden Abend gegen 19 Uhr wartete ich auf mein Abendessen. Bestimmt hatte Tobias wieder etwas Leckeres aus der Dose gezaubert. Oder würde mich Gerda sogar mit Selbstgekochtem verwöhnen?
Mmmhhh… allein bei dem Gedanken lief mir das Wasser in der Schnauze zusammen und ich konnte es kaum erwarten, endlich etwas zwischen meine Beisserchen zu kriegen. Natürlich ließ ich mir nichts anmerken – schließlich will ich ja nicht als verfressener Köter dastehen.
Also machte ich es mir in Tobias‘ Schlafzimmer im vor dem Bett bequem und wartete einfach mal entspannt ab, was denn heute in meiner Schüssel landen würde.
Hunger wie ein Wolf!
Ich lag bestimmt nur ein paar Minuten auf dem Teppich, da rief Tobias schon »Filou, komm! Das Abendessen ist fertig!« Hey, das brauchte er mir nicht zweimal sagen. Wie ein Windhund bin ich mit Pfotengeschwindigkeit ins Wohnzimmer gerast!
Normalerweise erklärt mir Tobias dann genau, was da an kulinarischen Genüssen auf mich wartet – Rind an Karottenpüree und zarten Haferflocken mit einem Hauch Olivenöl neben knusprigen Croutons. Beispielsweise. Als anspruchsloser Hund gebe ich mich durchaus auch mit einfachen Gerichten zufrieden.
»Filou, ich muss Dir was sagen. Leider habe ich beim Einkaufen irgendwie im Regal eine falsche Dose erwischt…« Was er damit wohl meinte? Kurz dachte ich an ein veganes Hundemenü oder *brrr* Katzenfraß, aber es kam noch vieeel schlimmer!
»Naja, also wie gesagt. Es gibt heute was vom Rind, aber mmhhh… naja, das ist speziell zubereitet. Ein „Senioren-Menü“. Keine Sorge, es schmeckt bestimmt toll. Und hey, das Gute daran ist, Du musst nicht viel kauen, das sieht alles sehr… ähem… sehr gut zerkleinert aus.«
Mit einem entschuldigenden Lächeln stellte er mir die Schüssel vor die Nase und tätschelte mir den Hinterkopf, während ich das eben Gesagte erst noch auf mich wirken lassen musste.
Seh ich nach dieser Mahlzeit etwa alt aus?
Senioren-Menü… Sen-i-or-en… heißt das, die Kuh war schon etwas älter… oder halt moment mal… das bedeutet… ich bekomme heute ein Essen für Hunde-Opas serviert, die nicht mehr alle Reißzähne im Maul haben? Tobias, sag mal, geht’s noch?!
Für ein paar Sekunden hatte ich schon beschlossen, in einen Hungerstreik zu treten und diese Mahlzeit zu verweigern. Aber mein Appetit war letztlich größer als die Entrüstung über dieses pürierte Zeugs.
Also habe ich Tobias nur einen bösen Blick zugeworfen – Du weißt schon, wie Schäferhunde das machen, kurz bevor sie zupacken – und mich mutig auf die Schüssel mit dem Seniorenfraß gestürzt.
Wider Erwarten konnte man das durchaus essen. Gut, es war weich, sehr weich sogar, aber ansonsten hatte ich geschmacklich nichts auszusetzen. Und schon war die Schüssel bis auf den letzten Krümel leer! 🙂
Als ich dann später auf dem Sofa lag, habe ich mir überlegt, dass das eigentlich sogar ein gutes Experiment war. Sollte ich irgendwann älter werde und mein Gebiss nicht mehr mitmachen, weiß ich jetzt, dass es fresschenmäßig durchaus leckere Alternativen gibt. Und das war mir diese Erfahrung wert.
Allzeit einen guten Appetit wünscht Dir
Dein Filou!
Autor: Tobias Eichner | Datum der Veröffentlichung: Februar 2024
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